Mein vollständiger Name ist Helkama Velox Oy

mein Geburtsort ist Hanko/Finnland

mein Herstellungsdatum weiß ich nicht

ausgeliefert an Erich wurde ich im Juni 2008

 

Ich muß ein paar Story´s erzählen, die ich mit meinem Besitzer - oder soll ich Meister sagen -, erlebt habe.

Zunächst hat mein Meister im Internet recherchiert. Da fand er auch einige Angebote über Fahrzeuge mit drei Rädern, auch Trike genannt, die hatten aber alle hinten die zwei Räder, das gefiel meinem Meister überhaupt nicht. Aus meiner Sicht zu recht, denn die sahen alle "altbacken" aus. Einer Anzeige wollte mein Meister dennoch nachgehen, weil der Händler in der Nähe des Urlaubsortes Immenstaad/Bodensee wohnte. Machen wir es kurz, das war auch nix.

Mein Meister fragte dann bei dem Fahrradhändler aus dem Urlaubsort nach Dreirädern. Der hatte keine, gab aber einen guten Tipp. In Weingarten -nicht allzu weit weg- gibt es einen Händler, der Dreiräder im Angebot hätte. Erwartungsvoll ging es nach Weingarten. Dort gab es zwar Dreiräder, aber als Liegerad und ohne E-Antrieb. Der Händler hatte ein Werbeplakat der Spezi (Spezialradmesse) Germersheim ausgehängt, mit meinem Konterfei. Das ist es, sagte sich mein Meister. Beginn der Spezi und Ende des Urlaubs fielen auf den selben Tag. Ein Besuch der Spezi in Germersheim am Nachmittag war die logische Konsequenz.

Er kam und ich war nicht da. Ich wurde gerade Probe gefahren. Aber dann war mein Meister dran. Er stellte sich gar nicht mal so dumm an, wo er doch zum ersten Mal auf mir saß. Muß aber auch sagen, ich gab mir alle Mühe ihm zu gefallen. Wir machten zusammen eine gute Figur und fanden Gefallen aneinander. Eine sofortige Bestellung ging leider nicht. Der Kauf mußte über die Fa. Lambert in Lambsheim abgewickelt werden. Deshalb dauerte es noch bis Juni 2008, bis ich im neuen Stall bei meinem Meister ankam.

Ganz beglückt drehte mein Meister mit mir die ersten Runden. War aber noch nicht so perfekt, denn zeigte er einen Abbiegevorgang an, fuhr er entweder zur Fahrbahnmitte oder nach rechts. So nach hundert Kilometern hatte er den Dreh raus. Inzwischen fährt er manchmal sogar freihändig, obwohl das gesetzlich verboten ist.

Wenn wir dann so durch die Gegend flitzen hör ich dann Worte wie cool, toll, super oder gar "heißes Gefährt".Wow!!!!!!!! Mädchen eines bestimmten Alters können allerdings nur kichern. Jungs dagegen lassen auch mal nen dummen Spruch hören. Ich gefalle jung und alt. Ja, ich habe kleine Räder und auch noch zwei vorn. Aber gerade das und meine Sexy-Konstruktion erregen die Aufmerksamkeit. Ich wurde auch schon mehrfach mit Zustimmung meines Meisters fotografiert. Und mein Meister mußte Rede und Antwort stehen zu allen möglichen Fragen. Ja, der E-Motor läuft nur, wenn ich trete. In der Ebene sind auch schon mal bis 60 Kilometer drin. Mmmh genau, es gibt drei Gangstufen und drei Leistungsstufen. Ja, das Licht brennt auch noch geraume Zeit im Stand. Mein Meister fährt immer mit Licht, bei Tag und  bei Nacht.

Mit meinen beiden Rädern habe ich vorne die stolze Breite von 105 cm. Bisher kamen wir durch jede Sperre (Poller). Notfalls könnte ich mich auf 75 cm einengen. Dann bin ich aber nicht mehr fahrbar.

Mein Meister, der jetzt wieder Wald, Flur und Wasser selbst erfahren kann, was ihm wegen seiner eingeschränkten Mobilität beinahe acht Jahre nicht möglich war, ist ein fleißiger Radler. Seit Juni 2008 bis heute sind es nahezu 2.000 km. Meine Lithium-Ionen-Batterie mußte deshalb schon mindestens 40 bis 50 mal aufgeladen werden. Also knapp 10% der vorgegebenen Menge. Mein Meister fährt häufig nach Speyer. War auch schon in Dudenhofen, Schifferstadt und Waldsee. Beliebte Kurztrip´s sind das Reffenthal, der Rentnertreff am Rhein oder zum Griechen am Otterstadter Altrhein. Demnächst geht es sogar mit der Kollerfähre über den Rhein auf die Badische Seite.

Zwei Unfälle und ein paar Rempler hatten wir bis jetzt. Beim ersten drehte sich mein Meister um, weil von hinten Klappergeräusche kamen. Prompt kam er auf die Grasnarbe und da lagen wir. Verwundertes Erschrecken und ein paar Kratzer am Topcase (Koffer) waren die Folge. Beim zweiten war die Straße zum Treffpunkt der MS-Gruppe Speyer gesperrt. Mein Meister wollte über den Eselsdamm fahren. Benutzte eine direkt hinauf führende BMX-Radspur und zack, da lagen wir. Im Gebüsch und in Brennnesseln. Ein freundlicher Radfahrer mit Familie half mir wieder auf den richtigen Weg. Bei mir war der Rückspiegel kaputt. Bei meinem Meister war es wohl ein gehöriger Schreck und ordentliches brennen an den Beinen und dem linken Handgelenk.

Ich hoffe und wünsche, daß mein Meister daraus gelernt hat und keine Kapriolen mehr macht.

O je, schon dreimal hatte ich einen Platten, obwohl angeblich pannensicher bereift. Zweimal in Otterstadt und einmal in der Siedlung von Speyer und keine Luftpumpe dabei. Eine freundliche Anwohnerin gab meinem Meister eine kleine Luftpumpe -die er natürlich wieder zurückbrachte-. Dann hieß es aufpumpen-fahren, aufpumpen-fahren und das fünfmal bis nach Hause. Mein Meister rief den Fahrrad-Doctor und der bereifte mich mit pannensicheren Schläuchen und Mänteln von Schwalbe. Toi, toi, toi bis jetzt gab es keine Panne mehr.

Eine Idee gefällt mir sehr gut. Mein Meister hat schon hin und her überlegt wie er mich mit zum urlauben nehmen kann. Bei dem derzeitigen Fahrzeug ist nur der Transport mit einem Anhänger möglich, geschlossen oder offen. Zugegeben offen gefiele mir besser. Da könnte ich Land und Leute sehen.

Eins macht mir allerdings noch Kummer. Er hat immer noch nicht die richtige Sitzposition gefunden. Pfui, wer da an die Prinzessin auf der Erbse denkt.

So jetzt hat er mir auch noch eine Plakette angeheftet, damit mindestens Überholende sehen, dass ich von einem Behinderten betrieben werde. Und nicht aus Jux und Dollerei.

 


Erich Peter Kuhn©

Redaktionell ergänzt im Juli 2014